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VERSUCHE ZUR RINSTECHNIK AN PET-EINWEGFLASCHEN 2. TEIL

Dipl.-Ing. (FH) Antonia Schmitt
Priv.-Doz. Dr.-Ing. Hartmut Evers
Dipl.-Ing. (FH) Jan Bechtluft
KHS AG, Bad Kreuznach

Im 1. Teil des Artikels „Versuche zur Rinstechnik an PET-Einwegflaschen“ wurden die Themen „Rinsen“ und „statistische Versuchsplanung“ behandelt sowie die notwendigen Voruntersuchungen im Hinblick auf die verwendeten Standardverunreinigungen Senf und Allurarot AC dargestellt. In Teil 2 geht es nun um die Erläuterung der Ergebnisse beider durchgeführter Versuchsreihen.

Versuchsplan

Mit Hilfe eines „Brainstorming“ trägt man die möglichen Einfluss- und Zielgrößen eines Rinsprozesses zusammen und legt damit den Versuchsplan fest. Aufgrund der Bedeutung, Genauigkeit/Reproduzierbarkeit und des Aufwands fällt die Entscheidung, welche Einflussgrößen im Versuch als Faktoren verändert und welche konstant gehalten werden. Zur Auswahl der Zielgrößen sind folgende Aspekte zu beachten: Relevanz, Möglichkeit der Quantifizierung, Vollständigkeit und Unterschiedlichkeit [Kleppmann 2006]. Als Faktoren gelten in unserem Falle die Rippenanzahl der Flaschen, der Druck der Rinsmedien Luft und Wasser sowie die Tensidkonzentration. Für die Rippenanzahl sind zwei (glatt und gerippt), für die übrigen Faktoren jeweils drei Faktorstufen festgelegt (siehe Tabelle 1). Die übrigen Einflussgrößen wie Rinsprogramm, Medientemperatur und Düsenbauart bleiben konstant.

siehe Tabelle 1

Da als Aufgabe des Rinsens das Ausspülen von Staubpartikeln gilt, handelt es sich bei dem pulverförmigen Farbstoff Allurarot AC, im Gegensatz zu Senf, um eine realitätsnahe Verunreinigung. Wegen der Art und Menge des Schmutzes gleicht der Rinsvorgang für Senf eher einem Reinigungs- als einem reinen Ausspülprozess, weshalb die Zielgröße hier als Reinigungsrate bezeichnet wird. Für Allurarot AC als Standardverunreinigung ist dies die Ausspülrate. Mit dem Statistik-Programm Visual-XSel® 10.0 wird für beide Systeme ein D-optimaler Versuchsplan erstellt (siehe Tabelle 2). Dieser umfasst 20 Versuche mit jeweils Dreifachbestimmungen.

Die Einzelversuche sind in Gruppen eingeteilt. Innerhalb dieser sogenannten Blöcke sollen die zufälligen Unterschiede möglichst klein sein und jede Faktorstufenkombination soll gleich häufig vorkommen, um die Zufallsstreuung zu minimieren. Außerdem werden die Versuche randomisiert (in zufälliger Reihenfolge) durchgeführt. Dadurch verhindert man, dass die Schätzung der Effekte von Faktoren durch einen Trend oder eine andere unerkannte Änderung der Ergebnisse verfälscht wird [Kleppmann 2006].

siehe Tabelle 2

Standardverunreinigungen

Es kommen zwei unterschiedliche Standardverunreinigungen zum Einsatz, um die Effektivität eines Rinsprozesses von PET-Flaschen zu beurteilen: Senf und Allurarot AC (siehe Abbildung 1). Wie im ersten Teil beschrieben sind Fett, Stärke und Pektin für diesen Zweck nicht geeignet und werden daher nach umfangreichen Tests verworfen.

siehe Abbildung 1

Die nach dem Rinsen in der Flasche zurückbleibenden Reste der zuvor eingebrachten Standardverunreinigung werden mit einer definierten Menge Wasser aus der Flasche gespült. Von dieser Probe bestimmt man für Senf die elektrische Leitfähigkeit und für Allurarot AC die Extinktion. Diese Ergebnisse stellen die Restverunreinigung RV dar. Mittels Referenzflaschen wird auf die gleiche Art und Weise die Anfangsverunreinigung AV ermittelt. Anhand dieser Werte lässt sich die Reinigungsrate RR bzw. Ausspülrate AR nach folgenden Formeln berechnen:

 siehe Berechnung

Auswertung des Versuchsplans

Reinigungs- und Ausspülrate

Die Rinsversuche mit Senf als Standardverunreinigung ergeben Reinigungsraten von 61,0% bis 96,5%. Dies entspricht einer Variationsbreite von 35,5%. Für Allurarot AC als Standardverunreinigung liegen die ermittelten Ausspülraten zwischen 98,70% und 99,99%, was einer Variationsbreite von lediglich 1,29% entspricht. Ist die Variationsbreite groß, sind die einzelnen Effekte der Faktoren stärker ausgeprägt und können besser erkannt werden. In Abbildung 2 sind die Reinigungs- und Ausspülrate über alle Faktoren dargestellt. Für die Reinigungsrate ist der Effekt des Luftdrucks mit 11,5% am größten, gefolgt von der Rippenanzahl (8,0%), dem Wasserdruck (5,5%) und der Tensidkonzentration (3,0%). Die Ausspülrate ist vor allem von der Rippenanzahl (0,55%) abhängig und nur in geringem Maße vom Luft- und Wasserdruck (beide 0,05%), während für die Tensidkonzentration kein signifikanter Effekt festgestellt werden kann. Sowohl für die Reinigungs- als auch für die Ausspülrate besteht eine Wechselwirkung zwischen der Rippenanzahl und dem Wasserdruck. Das errechnete Maximum wird mit der unteren Einstellung der Rippenanzahl und Tensidkonzentration sowie der oberen Einstellung des Luft- und Wasserdrucks erzielt.

siehe Abbildung 2 siehe Abbildung 3

Abbildung 3 verdeutlicht die Steigung der jeweiligen Faktoren und deren Effekte auf die Zielgröße. Je größer die Steigung, desto größer der Effekt. Dies ist bei der Interpretation der Daten von entscheidender Bedeutung. Ist die Steigung negativ, so hat auch der Faktor einen negativen Einfluss auf die Zielgröße.

Die Flaschenform spielt für das Rinsen eine entscheidende Rolle. Dabei verhalten sich Reinigungs- und Ausspülrate umgekehrt proportional zur Rippenanzahl. An einer glatten Flaschenwand kann das Wasser gleichmäßig abfließen und den Schmutz abspülen. Die Rippen stellen bei diesem Vorgang Hindernisse dar, an denen ein Abbremsen des Rinsmediums und somit ein Abbau der mechanischen Reinigungskraft erfolgt. Zwischen den Rippen befinden sich Spülschatten, die nur in geringem Maße vom Rinswasser erreicht werden. Außerdem ist die Oberfläche von gerippten Flaschen größer. Um für diese den gleichen Reinigungseffekt wie für eine glatte Flasche zu erreichen, wäre eine größere Menge an Rinsmedium notwendig; d.h. die Rinszeiten müssten verlängert oder der Druck erhöht werden. Unter konstanten Bedingungen ist natürlich nicht das Ergebnis einer glatten Flasche zu erreichen. Während der Versuche mit Allurarot AC fällt auf, dass an den Rippen viele Wassertropfen hängen bleiben. Die Farbstoffpartikel sind zwar größtenteils gelöst, jedoch nicht komplett aus der Flasche gespült. Dadurch verschlechtert sich die Ausspülrate beträchtlich.

Die Reinigungs- und Ausspülrate verhalten sich proportional zu Luft- und Wasserdruck, wobei die Effekte unterschiedlich groß sind. Durch einen größeren Druck der Rinsmedien erhöht sich die Turbulenz, wodurch der Schmutzabtrag beschleunigt wird. Eine Druckerhöhung bewirkt auch eine Zunahme des Volumenstroms. Bei konstanten Rinszeiten bedeutet dies, dass mehr Wasser in die Flaschen eingespritzt wird und dadurch eine größere Schmutzmenge abtransportiert werden kann. Dies ist jedoch ab einem bestimmten Punkt kontraproduktiv, da die Wassermenge im Flaschenhals vergurgelt und somit nicht mehr ablaufen kann.

siehe Abbildung 4

Je größer die Tensidkonzentration des zum Rinsen verwendeten Wassers, desto geringer ist die Reinigungsrate. In der Praxis setzt man Tenside zu, um die Oberflächenspannung herabzusetzen. Dies soll die Benetzung des PET und dadurch die Effektivität des Rinsens verbessern. Da bei diesen Versuchen die komplette Oberfläche mit Senf verunreinigt ist und zu Beginn des Rinsprozesses kein Kontakt zwischen der Flasche und dem Rinsmedium besteht, kommt dieser Effekt hier nicht zum Tragen. Das verwendete Tensid bewirkt eine leichte Schaumbildung. Dieser Schaum vermindert das Abspülen und setzt die Strahlkraft der Düse herab. Ein Effekt, der generell bei hohem Schaumaufkommen besteht.

Die Senkung der Oberflächenspannung durch Tensidzusatz hat eine Abnahme der Tropfengröße zur Folge [Keck 2005]. Nach Loncin [1977] ist die kinetische Energie und somit auch die Wirksamkeit pro Kilogramm Reinigungslösung für kleinere Tropfen geringer. Beim Ausspülen der Farbstoffpartikel ist kein signifikanter Effekt der Tensidkonzentration festzustellen. Dies ist dadurch zu erklären, dass die beschriebenen negativen Auswirkungen eines Tensidzusatzes die verbesserte Benetzbarkeit kompensieren.

siehe Abbildung 5

Wechselwirkungen

Eine Wechselwirkung zwischen zwei Faktoren bedeutet, dass der Effekt des einen vom Wert des anderen abhängt. In Abbildung 5 sind die signifikanten Wechselwirkungen dargestellt. Dabei beziehen sich die blauen Kurven auf die Rippenanzahl, die roten auf den Wasserdruck. (+) steht jeweils für die obere Einstellung des Faktors und (-) für die untere. Bezüglich der Reinigungsrate ist zu sehen, dass der Effekt des Wasserdrucks für glatte Flaschen zehnmal so hoch ist wie für eine Flasche mit 18 Rippen. Ursache für diese Wechselwirkung könnte der Abbau der mechanischen Reinigungskraft an den Rippen und die dazwischen liegenden Spülschatten sein. Dadurch bewirkt eine Erhöhung des Wasserdrucks für Rippenflaschen nur eine geringfügige Verbesserung des Reinigungseffekts. Die Ausspülrate ist für eine glatte Flasche nicht vom Wasserdruck abhängig. Eine Erklärung wäre, dass aufgrund des geringeren Verunreinigungsgrades das Optimum für das Ausspülen der Farbstoffpartikel bereits bei der unteren Einstellung des Wasserdrucks erreicht ist und daher keine Verbesserung mehr erzielt werden kann. Für die Rippenflasche ergibt sich mit steigendem Druck ein besseres Rinsergebnis. Da für die gleiche Ausspülrate ein größerer Druck erforderlich ist, müsste demnach auch das Optimum höher liegen.

siehe Abbildung 6

Die Rinsversuche verdeutlichen, dass das Ausspülen des Schmutzes von oben nach unten erfolgt. Der größte Teil der Restverschmutzung befindet sich, die Flasche kopfüber in Rinsposition betrachtet, stets im unteren Teil, während der obere (der Boden) meist optisch sauber ist (siehe Abbildung 6). Beim Auftreffen des Strahls am Flaschenboden hat dieser die größte mechanische Reinigungskraft und kann eine hohe Schmutzmenge abtragen. Beim Herabfließen an der Flaschenwand baut sich diese Kraft ab und besitzt somit nicht mehr die gleiche Wirkung.

Fazit und Vergleich der Methoden

Die Versuchsreihe mit Senf als Standardverunreinigung ergibt eine stärkere Ausprägung der mechanischen Effekte des Rinsens als jene mit Allurarot AC. Außerdem ist eine optische Beurteilung der Rinsergebnisse möglich, wodurch kritische Stellen einer Flasche erkannt werden können. Zu beachten: Bei dem Senf handelt es sich keineswegs um eine realistische Verunreinigung. Um die Ergebnisse der Versuche auswerten zu können, muss diese Verunreinigung aber so hartnäckig sein, dass immer eine messbare Restverunreinigung in der Flasche zurückbleibt. Ein Nachteil ist die Vorbereitung der Flaschen sechs Tage bevor die Versuche durchgeführt werden können. Es wäre allerdings möglich, die Trocknungszeit zu verkürzen, wenn das Rinsprogramm reduziert würde. Ein Vorteil von Allurarot AC ist die schnelle und einfache Vorbereitung der Flaschen, nach der die Versuche direkt oder auch zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden können. Weiterhin stellen die Farbstoffpartikel im Gegensatz zu Senf eine realitätsnahe Verunreinigung dar. Senf eignet sich zur Untersuchung der mechanischen Effekte des Rinsens sowie zur Durchführung von Spritzschattentests. Allurarot AC hingegen könnte man für die Beurteilung unterschiedlicher Flaschenformen und realer Rinsprogramme verwenden. Für ein positives Ergebnis dürfte dann ein noch festzulegender Grenzwert nicht überschritten werden. Weiterhin wäre eine Anwendung von Allurarot AC möglich, wenn ein schnelles Ergebnis gefordert ist.

siehe Tabelle 3

Die Reinigungsrate (Senf) wird nach Formel 1 berechnet, die Ausspülrate (Allurarot AC) nach Formel 2. Diese sind im Kapitel Standardverunreinigungen aufgeführt. Es werden keine Sollwerte angegeben, da die Ergebnisse von vielen unterschiedlichen Faktoren abhängig sind (z.B. Rinsprogramm, Flaschengröße und -form).

Literaturnachweis

Keck, D.: Einflussfaktoren auf die Zerstäubung, Lechler GmbH, Metzingen, 2005, S. 4 – 21

Kleppmann, W.: Taschenbuch Versuchsplanung, Carl Hanser Verlag München Wien, 2006, S. 10 – 39

Loncin, M.: Modelling in cleaning, disinfection and rinsing, Proc. Symposium Mathematical modelling in food processing, 1977, S. 301 – 335

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